Kürzlich sollte ich eine Andacht zu Jesaja 42,3 halten.
„Den halb abgebrochenen Ast wird er nicht ganz abreißen, und das Feuer, das gerade noch brennt, wird er nicht mit einem Eimer Wasser übergießen.“
Jesaja 42, 3
Was macht man mit solch einem Vers?
Bevor ich meine Gedanken ausbreite, noch etwas zum Hintergrund:
Rund 700 Jahre vor dem Erscheinen von Jesus auf dieser Erde wurde er bereits von Jesaja angekündigt. Neben verschiedenen Weissagungen gibt Jesaja einen sehr deutlichen Blick für den kommenden Messias, den er selbst geschenkt bekam. Daher gilt Jesaja als „König unter den Propheten“ bzw. das Jesaja-Buch als das „Evangelium des Alten Bundes“.
Jesaja heißt übersetzt „Der Herr ist (bzw. schafft) Heil“. Dieses Heil wird in vielfältiger Weise in seiner Schrift deutlich. Dort wird auch nicht einfach die persönliche Ansicht eines Propheten wiedergegeben, sondern es wird der klare Wille Gottes bekannt gegeben.
Das Volk Gottes hat sich von Gott entfernt und sich so den Segen Gottes selbst verschlossen. Gott konnte dieses untreu gewordene Volk so nicht mehr segnen. Das Volk hielt sich nicht mehr an die Gebote und folgte anderen Göttern. Zudem wurden nach machtpolitischen Betrachtungen Entscheidungen getroffen. Es gab zur Zeit Jesajas drei Großmächte (Babylon, Assyrien, Ägypten). Um sich abzusichern, vertrauten die Regierenden in Israel und Juda nicht auf Gottes Zusagen, sondern gingen immer wieder kleinere Bündnisse ein, die aber größte Gefahr brachten.
Das zur Zeit Mose geschlossene Bündnis zwischen dem Volk und Gott wurde vom auserwählten Volk gebrochen. Menschlich betrachtet gibt es keinen Grund sich an eine Vereinbarung (Vertrag, Bund) zu halten, wenn die andere Seite sich nicht an die Vereinbarung hält. Doch so ist Gott nicht. Gott hält sich an sein Versprechen, aber zieht auch alle Register, um das Volk wieder von sich zu begeistern, indem er dieses Volk nicht verstößt. Er bleibt treu, obwohl seine Auserwählten nicht treu geblieben sind. Er hat das geknickte Schilfrohr nicht abgebrochen. Obwohl im Jesaja-Buch viel von Gericht und der Gefangenschaft berichtet wird, wird auch sehr deutlich eine Hoffnung auf die Zukunft gemacht.
Wie kann uns diese Kenntnis heute nützlich sein?
Als gläubige Menschen gehören wir auch zum von Gott erweiterten Kreis der von ihm Auserwählten. Wir sind das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, wir gehören auch zum heiligen Volk des Eigentums (1.Petrus 2,9). Und somit befinden wir uns auf dieser Erde in einem andauernden Ausbildungslehrgang. Gott ist heilig, daraus resultiert die Erwartung Gottes an uns auch heilig zu sein. Wir gehören uns nicht mehr uns selber. Wir sind Gottes Bodenpersonal und als solche haben wir uns auch zu bemühen, Gottes Werte und Auftrag Folge zu leisten. Auch wenn wir innerhalb unserer Menschlichkeit und Beschränktheit gefangen sind, so verfügen wir über einen gnädigen Gott, der unsere Fehler vergibt und stark macht. Stark genug, um über Mauern zu springen, die uns voneinander trennen.
Wenn wir uns in kleinen und großen Dingen vom Willen Gottes entfernen und unsere persönlichen Ansichten als Gottes Willen darstellen und versuchen durchzusetzen, dann entfernen wir uns von Gott. Dann sind wir als Werkzeuge oder Boten für Gott nicht brauchbar. Dann wird auch der Segen ausbleiben und wir geraten in die Gefangenschaft bzw. in die Abhängigkeiten, die unsere Lügen und Beziehungsketten mit sich bringen.
Der „Segen“ ist so wichtig. In früheren Zeiten wurde dafür gedroht, gemordet und betrogen, nur um den begehrten Segen zu erhalten. Segen hat in der Gesellschaft an Bedeutung verloren. Früher wurde „gesegnete Mahlzeit“ gewünscht, irgendwann hat man das „gesegnete“ weggelassen und dann kam eine Zeit, bei der blieb dann auch die „Mahlzeit“ aus.
Wie wichtig ist es uns heute, den Segen Gottes zu erhalten? Wir haben durch unsere Aufgeklärtheit und teilweise Verlogenheit immer mehr die Zusammenhänge von streben nach Heiligkeit und Wahrhaftigkeit sowie den Zusammenhang von Fluch und Segen verdrängt. Wir wissen, was auf Lüge gebaut wird, kann nicht gut gehen. Und das erleben wir, das erleben viele Menschen, die mit offenen Augen die Geschehnisse in der Welt wahrnehmen.
Es scheint in unserem heutigen Bild von Gott nicht mehr reinzupassen, dass wir nicht nur einen liebenden Gott, sondern AUCH einen eifersüchtigen Gott haben. Ein Gott, der damit nicht einverstanden ist, wenn in unserem Leben andere Dinge größere Bedeutung erlangen, als es ihnen zusteht. Einen Gott, der ein Handeln gegen seine Gebote nicht durchgehen läßt, sondern das von Menschen selbstverschuldete Leid duldet und zuläßt.
Trotz Zeiten der selbstverschuldeten Wüstenwanderung oder Gefangenschaften/Fortführungen – Gott löscht den glimmenden Docht nicht und gibt uns nicht auf, wenn wir Fehler machen. Gerade dem Gottesfürchtigen bleibt er treu und liebt er wie ein Vater, der in seiner Liebe mal streng sein muss, aber nicht fallen läßt.
Ein anderer Aspekt in diesem Jesaja-Abschnitt behandelt die Rolle des Boten Gottes.
Wir sind als Anhänger Christi auch dem Auftrag „Bote“ zu sein verpflichtet. Wie oft sind wir aber Boten in eigener Sache? Wir sollen zwar keine Anwälte Gottes sein und Gottes Wort verteidigen, aber wir sollen unseren neuen Lebenssinn – den wir bekommen haben, als wir uns für die Nachfolge Jesu entschieden haben – nicht vergessen oder von anderen Alltagsaufgaben überlagern lassen.
Wo sind wir einzeln und auch als Gemeinde aktive Boten Gottes? Wann und wo bist Du das letzte Mal ein Werkzeug Gottes gewesen? Wie kann eine christliche Gemeinde positiv wahrgenommen werden? Für wen sind wir da bzw. können wir als Nächste da sein?
Es grüßt Sie
Munir Hanna
für das Evangeliumsnetz
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